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Die große Interpretation des 20. Jahrhunderts
Dan Diner untersucht das politische Geschehen im 20. Jahrhundert auf zwei Ebenen, zum einen die Ebene der vordergründigen Konfrontationen von Werten und Ideologien, zum anderen die Ebene der traditionellen Konfliktlinien von Hegemonie und Nationalität, die bis ins 19. Jahrhundert zurückreichen. Das Hauptgewicht seiner Darstellung liegt auf der katastrophischen ersten Jahrhunderthälfte, wobei er die Ereignisse von der europäischen Peripherie her in den Blick nimmt, bislang verborgen gebliebene Beziehungen aufdeckt und neue Interpretationen vorschlägt.
Geht ein Jahrhundert zu Ende, bietet es sich an, diese Zeit Revue passieren zu lassen und zu fragen, was sie historisch gebracht hat. Gerade das nun ausklingende 20. Jahrhundert hat enorme Veränderungen hinterlassen. Dan Diner setzt die vielzähligen Entwicklungen zu einem schlüssigen Gesamtbild zusammen und liefert dem Leser seine Interpretation der Geschehnisse und ihrer Beziehungen zueinander.
Schwerpunkt ist die erste Hälfte unseres Jahrhunderts. Die Verbindung zwischen nationalen Interessen, unterschiedlichen Wertvorstellungen und dem sich verändernden Umfeld wird klar. So begreift man etwa die Bedeutung der Weiterentwicklung der Kriegstechnik, die die Weltkriege mit allen fürchterlichen Folgen erst ermöglichte. "Die Mobilisierung von Massenheeren zog die Erfindung der Waffe des Massentötens nach sich", sagt Diner zur Erfindung des Maschinengewehrs, und setzt große Armeen und moderne Waffen in eine Abhängigkeit. Resultat waren nicht nur grauenvollere Kriege, diese Waffen waren im perversesten Sinne auch Gleichmacher. Oder, wie Diner es ausdrückt: "Maschinen machen Menschen gleich."
In der aufs Schlimmste erfahrenen neuen Gleichheit steckte aber auch die Saat der Unzufriedenheit, und so brachte die Ära der Weltkriege auch Revolutionen und Umstürze -- hier zeigt sich wieder ein Zusammenhang. Die Herausbildung politischer Strukturen erläutert Diner ebenso wie gegen Ende des Buches auch die lange Zeit des Kalten Krieges. Interessanterweise geht er dabei sein Thema aus europäischer Sicht an und nicht etwa aus der weitaus üblicheren US-amerikanischen Perspektive.
Vollständig kann man die Vielzahl der historischen Ereignisse dieses Jahrhundertüberblicks mit ihrer ineinander verzahnten Bedeutung hier nicht wiedergeben. Liest man dieses sicherlich nicht zur raschen Lektüre geeignete Buch, mit dem man sich schon etwas intensiver befassen muß, so eröffnet sich einem das Verständnis für die historischen Fakten, und das kann ob eines anstehenden neuen Jahrhunderts nur hilfreich sein. --Joachim HohwielerDie große Interpretation des 20. Jahrhunderts
Dan Diner untersucht das politische Geschehen im 20. Jahrhundert auf zwei Ebenen, zum einen die Ebene der vordergründigen Konfrontationen von Werten und Ideologien, zum anderen die Ebene der traditionellen Konfliktlinien von Hegemonie und Nationalität, die bis ins 19. Jahrhundert zurückreichen. Das Hauptgewicht seiner Darstellung liegt auf der katastrophischen ersten Jahrhunderthälfte, wobei er die Ereignisse von der europäischen Peripherie her in den Blick nimmt, bislang verborgen gebliebene Beziehungen aufdeckt und neue Interpretationen vorschlägt.
